Veranstaltungsbericht TRANSATLANTISCHER DIALOG 4. Mai 2017
DEUTSCHLAND UND DIE ZUKUNFT DER EUROPÄISCH-AMERIKANISCHEN BEZIEHUNGEN
Zum 17. Mal fand der transatlantische Dialog statt. Thema diesmal war die transatlantische Partnerschaft. Thematisiert wurden dabei u.a. die Bedeutung der Präsidentschaft Donald Trumps und die sicherheits- und handelspolitische Zukunft. In der anschließenden Podiumsdiskussion kamen die Themen Handelsüberschüsse, Identitätsprobleme sowie die europäische Position zur Sprache.
Bereits das 17. Mal fand am 04. Mai der Transatlantische Dialog im MDR-Landesfunkhaus in Erfurt statt. Veranstaltet vom Politischen Bildungsforum Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie dem US-Generalkonsulat Leipzig war diesmal auch die Europäische Bewegung Thüringen e.V. ein Partner in der Organisation und Durchführung.
Maja Eib, Leiterin des Politischen Bildungsforums Thüringen, eröffnete die Veranstaltung mit einführenden Worten. Die transatlantische Partnerschaft sei konstituierend für die Sicherheit in Europa und Voraussetzung für ein Leben in Freiheit und Wohlstand. Es lohne sich also, mit viel Engagement an dieser Verbindung zu arbeiten, so Eib und wünschte den Gästen einen spannenden Abend und gewinnbringende Gespräche.
Drei Thesen zu der Präsidentschaft Donald Trumps
In ihrem Vortrag stellte Prof. Lora Anne Viola vom John-F. Kennedy-Institut der Freie Universität Berlin zu Beginn die Frage, wo wir heute, 100 Tage nach Antritt des Amtes von Präsident Trump, stehen würden. Neben der journalistischen Erfindung, das amerikanische Staatsoberhaupt nach dieser Periode zu bewerten, stecke dennoch ein wahrer Kern in ihr. Die ersten 100 Tage seien in der Regel die produktivsten und dennoch habe Präsident Trump bisher einen Großteil seiner Ziele nicht erreichen können.
Im Folgenden stellte Prof. Viola drei Thesen zur Präsidentschaft Trumps auf. An erster Stelle ging sie darauf ein, dass Trump kein Isolationist sei. Im Moment sei keine Strategie in der Außenpolitik Donald Trumps sichtbar und seine Unberechenbarkeit werde seine außenpolitischen Entscheidungen wohl noch lange prägen. Im Umfeld des Präsidenten hätten sich drei Lager gebildet, die seine Entscheidungen mit beeinflussen würden und so werde Trump nie gänzlich alleine entscheiden, so die Expertin.
Des Weiteren führte Prof. Viola an, dass Trump ein Resultat transnationaler Veränderungen sei. Die steigende wirtschaftliche Ungleichheit und die großen Einkommensunterschiede unter der amerikanischen Bevölkerung würden die „Verlierer der Globalisierung“ dazu treiben, radikal und rechts zu wählen.
Zu guter Letzt betonte die Politikwissenschaftlerin, dass Europa sich mit dem Präsidenten Trump zurechtfinden müsse. Die Zeit sei demnach gekommen, ökonomisch und sicherheitspolitisch autonomer zu werden und dennoch das Bewusstsein für die Notwendigkeit der internationalen Kooperation zur Bekämpfung globaler Probleme nicht zu vergessen.
Langfristig müsse man sich dennoch entscheiden: Welche Vision von Kooperation und Globalisierung will man verfolgen? Nach dem Brexit und den 100 Tagen Amtszeit des US-Präsidenten stelle sich die Frage, ob Herausforderungen in Zukunft national oder in Kooperation angegangen werden sollen.
Die sicherheits- und handelspolitische Zukunft der transatlantischen Beziehungen
Der ehemalige Botschafter Dr. Dietrich von Kyaw begann seinen Vortrag mit einem Rückblick in die Geschichte. Die im Laufe der Zeit entstandenen Beziehungen zwischen der USA und der EU seien weltweit Vorreiter für Freiheit, Sicherheit und Wohlstand gewesen. Ohne die USA wäre die Westbindung Europas Utopie geblieben und die besagten Entwicklungen in der Sicherheit und dem Wohlstand wären nicht realisierbar gewesen.
Mittlerweile sei jedoch die Entwicklung eines bedrohlichen Spannungsbogens in Europa zu beobachten. Hierfür seien die Großmachtambitionen von Russland und China verantwortlich, aber auch die Ausbreitung radikalen Islamismus, starke Fluchtbewegungen und die Folgen des Klimawandels. Die Lösung in dieser Zeit der Herausforderungen ist nach Dr. Kyaw mehr Zusammenarbeit zwischen den Staaten anstatt Rückzug, Isolation und Nationalismus.
Im Weiteren ging Dr. Kyaw auch auf die sicherheitspolitische Zukunft Europas ein. Es werde offensichtlicher, dass Europa sich in Sicherheitsfragen nicht mehr vollständig auf die USA verlassen könne, obwohl einige Aussagen des Präsidenten zur Nato sich wieder relativierten. Vor allem Deutschland sollte dringend der amerikanischen Forderung nach einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben, die es auch schon in der Präsidentschaft Obamas gab, nachkommen.
Zuletzt sprach der Referent auch die wirtschaftliche Situation Deutschlands und der USA an. Gemäß der Ankündigungen Donald Trumps könne man mit protektionistischen Maßnahmen seitens der US-Regierung rechnen, was die Beziehungen langfristig beeinträchtigen wird. Aus diesem Grund sollte Deutschland seinen Handel diversifizieren und vor allem den europäischen Binnenmarkt mit all seinen Vorteilen stärker für sich nutzen.
Handelsüberschüsse, Identitätsprobleme und die Position Europas
Im Anschluss an die beiden Impulsvorträge leitete der Moderator des Abends Thomas Schmid in die Podiumsdiskussion über.
Zu Beginn äußerte sich Dr. Reinhard Böber als Geschäftsführer eines global tätigen Unternehmens zu der wirtschaftlichen Verbindung zwischen den USA und Deutschland. Der Vorwurf gegenüber Deutschland, Exportüberschüsse zu verzeichnen und andere Länder somit auszunutzen, stimme nicht ganz. Vielmehr sei mit den steigenden Handelsüberschüssen auch eine Steigerung der Kapitalflüsse zu verzeichnen, was beiden Ländern zugute kommen würde.
Prof. Viola reagierte auf Schmids Frage, ob man Trump-Wähler mit AfD-Wählern vergleichen könne mit der Antwort, dass es in einem Punkt durchaus zutreffen würde: nicht alle, aber einige der Trump-Wähler hätten ein starkes Identitätsproblem, was wahrscheinlich auch auf einen Großteil der AfD-Wähler zutreffen würde. Dr. Kyaw ergänzte diese Aussage und führte an, dass die Wahl Trumps vielleicht auch eine Wahl gegen Obamas Amerika war. Die Krise des „weißen Mannes“, der sich gegen bestimmte Werte positioniere, sei klar zu beobachten.
Siegfried Wetzel kritisierte an einer Stelle des Gesprächs, dass Deutschland während des US-Wahlkampfs von Beginn an Hillary Clinton unterstützte und keinen Plan B für den Präsidenten Trump gehabt hätte.
Anschließend wandte sich Schmid an Färber und wollte wissen, ob die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA sich nur aufgrund eines unliebsamen Präsidenten verändern würden. Färber argumentierte, dass dies nicht klar zu beantworten sei. Die Veränderungen hätten bereits viel früher begonnen, seien vielleicht aber durch Trumps Wahl beschleunigt worden. Sie plädierte dafür, dass die EU ihre eigene Position finden und vertreten möge.
Am Ende des Abends dankte Siegfried Wetzel, Vorsitzender der Europäischen Bewegung Thüringen, den Gästen für ihr Kommen und betonte noch einmal die reiche Geschichte der transatlantischen Beziehungen. Diese zu kennen sei Voraussetzung dafür, die Zukunft gut meistern zu können.
Quelle: http://www.kas.de/thueringen/de/publications/48809/
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